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Die Grundstücke und Häuser der Pécser Budaer Vorstadt – Schlussworte, Überblick

Beim Überblick der oben aufgezählten Gassennamen wird erkennbar, dass deren Veränderungen am auffälligsten sind. Die im Grundbuch aus dem Jahr 1722 gefundenen Gassennamen werden niemals wiederholt. Das heißt, wir begegnen ihnen auch später in den Beschreibungen, jedoch nicht als Gassennamen, sondern als Richtungs- oder Zielpunkte. Daher ist fraglich, ob sie um 1722 tatsächlich lebendige Namen waren, oder nur von den Zusammenschreibern konstruiert wurden. Auch gibt es unter livepage.apple.comden ziel angebenden Benennungen nur zwei, die das 20. Jahrhundert erreicht haben. Eine solche ist die Felsőhavi utca. Diese wurde 1722 als „Weeg naher Maria Schnee Kirchen“ benannt. Diesen Namen hat sie, zwar in unterschiedlichen Varianten, jedoch noch bis 1885 gehabt. Damals hat man auch einem im Grunde genommen namenlosen Gässchen als deren südliche Verlängerung einen Namen gegeben. Sie betrachteten es als Fortsetzung der Havi boldogasszony utca, weshalb es auch diesen Namen erhielt. Um jedoch beide auseinander halten zu können, haben sie letztere, die neue Gasse, mit dem Attribut Alsó [Untere], die alte mit Felső [Obere] versehen. Schließlich, nach dem Weglassen des Hinweises auf die Kapelle, leben sie als Felsőhavi, bzw. Alsóhavi utca auch noch heute. Erwähnenswert ist, dass der obere Teil schon einmal, 1804, amtlich den Havi utca Namen erhielt, dieser erhielt jedoch keine allgemeine Verwendung. Ähnlich, jedoch umständlicher ist das Schicksal des Namens Mindenszentek utca. Wir kennen freilich nur den späten Teil der Geschichte dieses Namens. Die Kirche wurde als Kapelle im 13. Jahrhundert, vielleicht zusammen mit einem Friedhof, errichtet. Da sie schon damals zu Ehren aller Heiligen geweiht wurde, ist es möglich, dass der dorthin führende Weg diesen Namen erhielt.

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In dem uns bekannten Zeitraum hat diese Gasse weniger ihren Namen, eher ihre Länge und ihren Ort gewechselt. Der Endpunkt war immer die Allerheiligenkirche. Der Anfangspunkt war das Budaer Tor. Mit ihrem oberen Abschnitt machte sie mal im Osten, mal im Westen um die Zidina einen Bogen. Zwischendurch vertauschte sie ihren Namen mit dem unteren Teil der Tettye utca. Schließlich bekam der untere Gassenteil – unterhalb des Ágoston tér – 1864 den nostalgischen Namen Sörház utcza, nach der einst dort gestandenen städtischen Bierbrauerei. Dann, genau nach hundert Jahren, 1964, schlossen sie auch den als Mindszent utca benannten oberen Abschnitt an die Sörház utca. Auf diese Weise verschwand der Gassenname, vielleicht mittelalterlicher Herkunft, endgültig. Wie wir bereits wissen, war die erste, amtliche Gassenbenennung, die behördliche Bereinigung der Gassennamen, im Jahre 1804. Damals erhielten dreißig Gassen Namen. Darunter gibt es eine, deren Name unverändert blieb, die Ágota utca. Deren Länge hat sich jedoch auch verändert. Ursprünglich reichte nämlich die Felsőhavi utca bis zur Vince utca, von 1864 an jedoch endete sie schon bei der Sörház utca. Die andere Gasse, deren Name auch heute noch lebt, ist die Vince utca. Inzwischen ergab sich lediglich, dass sie bei der Bereinigung um 1864 den Namen Alsó-Puturluk-utcza bekam, 1928 wurde sie Szent Vince utca und schließlich, 1962, erhielt sie ihren ursprünglichen Namen zurück. Es gab zwar hier auch eine Längenänderung, weil ihr Teil nördlich des Karmelita köz bis 1964 zu Barátur gehörte. Die dritte ist die Felsőmalom utca. Den Namen Malom utca bekam 1804 die von Siklós her führende Landstraße, von der Budai Ucza bis zum Zollhaus an der Siklósi út, also gehörte auch die Rózsa Ferenc utca dazu. Erst 1900 wurde sie zweigeteilt, zur Felső und Alsó Malom utca. Seit man jedoch die Alsó malom utca nach Rózsa Ferenc benannte und deshalb alsó nicht mehr existierte, verlor der Name Felsőmalom utca seinen Sinn. Es stimmt, dass es auch eine Felsővámház utca seit annähernd zweihundert Jahren gibt, eine Alsóvámház utca gab es jedoch nie, es gab jedoch ein alsó vámház [unteres Zollhaus], das mit dem felső vámház gleichaltrig war. Ebenfalls um 1804 bekam die einstige Czigány utza den Namen Balokányi utza, den sie bis heute beibehielt. Es änderte sich darin von Zeit zu Zeit nur ein Buchstabe. Sie wurde wohl länger, jedoch auf eine natürliche Weise, durch weitere Bebauung. Dazu bot die Auflösung der einstigen Zigeunersiedlung am damaligen Rand der Weide die Gelegenheit. Weil jedoch die 1864 darunter entstandene Gasse den Namen Alsó balokány-utcza erhielt, musste man an die ursprüngliche Gasse das Attribut Felső hinzufügen. Total verwirrend ist der Gebrauch der Namen der Alsóhavi und der Márton utca. Bei der Alsóhavi utca hat man im Grundbuch von 1722 die Gasse nach den im Tettye Bach arbeitenden Lohgerbern benannt. Offensichtlich hat der nord-südliche Abschnitt der Márton utca den Namen von den dort lebenden Raitzen bekommen. Dagegen hat der nach Osten führende Teil der Márton utca von dem dort wohnenden Schmiedemeister Ferenc Kovács den Namen bekommen. Das heißt, dass dieser vorstädtische Stadtkern der Schauplatz einer wahren volkstümlichen Namengebung war, besonders, wenn wir auch daran denken, dass deren östliche Fortsetzung die Könyök utca wurde. 1804 wurden die Gassen der Lohgerber und des Schmiedes unter dem Namen Martony Ucza zusammengezogen, während die Gassen der Raitzen den Namen György Ucza bekam.

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Diese wurde jedoch nicht weiter erwähnt, sie konnte sich nicht etablieren. Es entwickelte sich die Lage, dass der Name Márton utca verblieb und bis zum heutigen Tag existiert, seine Bedeutung wurde jedoch schwankend. Mal bezog sich der Name Márton auf die eine, mal auf die andere Gasse. Schließlich, 1864, bekam die Alsó Havi-Boldogasszony-utcza einen separaten Namen und der Name Márton blieb der heutigen Gasse erhalten. Noch größer ist die Vermischung bei den Orsolya, Katalin und Erzsébet utcák. Die Orsolya und die Katalin utca kreuzen sich in der Form eines X. Die westliche Hälfte des X bekam 1804 den Namen Erzsébet Ucza. Die heutige Erzsébet utca gab es damals noch nicht. Die östliche Hälfte des X wurde die Orssula Ucza. Als dann 1864 der Name Erzsébet hinzukam, wurde das Durcheinander noch größer. Schließlich, 1885, verlagerte sich der Name Erzsébet um zwei Gassen nach Osten, wo die in der inzwischen ausgebauten Benga entstandene Gasse den Namen Erzsébet erhielt, die Katalin und die Orsolya utca erscheinen dagegen schon in ihrer heutigen Gestalt. Unter den 1804 erteilten Namen erhielten sich die Namen Orsolya und Erzsébet, wenn auch nicht auf die ursprünglichen Gassenabschnitte bezogen. Das Endresultat ist also, dass unter den Gassennamen von 1722, wenn auch in modifizierter Form, nur einer lebt, die Felsőhavi utca. Von den um 1804 erteilten dreißig Gassennamen blieben sieben Namen erhalten. Von diesen sind jedoch nur zwei aus lokalen Eigentümlichkeiten entstanden. Die anderen tragen Heiligennamen. Der große Verlust der Gassennamen entstand trotzdem, obwohl die Anzahl der Gassen – wie auch in den anderen Teilen der Stadt – sich mit der Ausbreitung vermehrte. Es wäre möglich gewesen, für die zu Ehrenden dort eine Gasse zu wählen, trotzdem wurden die alten Gassennamen ausgerottet – mit Erfolg. Wir können aber sehen, dass die Andenken der die Personen „verewigenden“ Gassennamen nach der Belehrung der Geschichte, von wenigen Ausnahmen abgesehen, kein ewiges Leben haben. Es gibt jedoch existierende, oder gewesene Namen, derer man besonders gedenken soll, weil sich diese Namen nicht auf eine Gasse sondern auf ein Gebiet, einen Kreis bezogen, die man in Pécs wiederholt als „környék“ [Umgebung, Revier] zu nennen pflegte. In der Budaer Vorstadt sind es die Barátur, die Benga, die Fűzfás, die Gáspár und die Zidina környék. Deren Zustandekommen ist die Folge einer sonderbaren Art der Ausbreitung. Denn diese verlief nicht nur entlang der Straßen oder Gassen, sondern fernab von diesen. Vielfach lockten für die Bewirtschaftung ungeeignete, steile oder billige Grundstücke die eine armselige Behausung Suchenden. Es waren Weinberge, Weiden, Wiesen und Bachufer, wo sich Häusergruppen bildeten, eventuell auch ohne Gassen, wie zum Beispiel die Gáspár környék. Dazu zählt auch die Barátur környék, die sich am einstigen Wasser ableitenden Graben, von der heutigen Barátur utca am Westhang des Havihegy her ausbreitete. Sie war eine Insel zwischen Gestrüpp und Weinbergen. In der Zeit ihrer maximalen Ausdehnung erreichte sie das Grundstück in der Dimitrov utca 16, in ost-westlicher Richtung reichte sie von der Hegyalja út bis zur Vince utca.

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Vom Süden her, von der Ágotha utca in nördliche Richtung, zwischen der Vince und der Felsőhavi utca entwickelte sich der Fűzfás, sein slawischer Name war Verbák, zu dem man noch den Poturluk, den südlichen Teil der jetztigen Majtényi Ferenc utca, zählen kann. Das zwischen beiden vorhandene Gelände, das leer gebliebene städtische Gesträuch, belegte dann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Gáspár környék. Dadurch wurde die Bebauung der westlichen Seite des Havihegy komplett. Die Benga hat sich anders entwickelt. Ihre Grundstücke entstanden durch Parzellierung von Ackerland. Ihre Fläche wird dadurch angezeigt, dass der Name Benga im oberen Teil der Katalin utca in zwei Fällen vorkommt. Er erscheint noch dreimal in der Erzsébet utca, zweimal in der Rudas László utca. Die Südgrenze wird dadurch markiert, dass der untere Abschnitt der Orsolya utca 1840 als „Gasse nach Benga“ erwähnt wird. Der Name Benga war jedoch nicht langlebig. In den städtischen Akten kommt er nur zwischen 1825 und 1842 vor. Er befindet sich in den Aufzeichnungen des bekannten Stadtarchivars Adolf Cserkuti als Mitteilung eines Pécser Bürgers: Benga ist die Havi Seite von der Ágoston [Augustiner] Kirche auswärts, die Orsolya, Katalin und Erzsébet utcák. Während der Arbeit hat sich in mir die Ansicht herausgebildet, dass der Name Benga das Gelände vor der Bebauung bezeichnete und nach der Bebauung schnell verschwand. Nicht nur in örtlicher Beziehung war die Zidina környék merkwürdig. Sie entstand an der Stelle eines in der Türkenzeit zugrunde gegangenen mittelalterlichen Nonnenklosters. Der Name Zidina selbst bedeutet hohe Mauern, Ruinen. Die Dominikaner meldeten nach den Türken sehr bald ihren Anspruch auf die Ruinen an. Ihr einstiges Ordenshaus, das sich auf dem Gebiet des Színház tér befand, bauten sie trotz der Missbilligung des Bischofs mit den von dort abgetragenen Steinen auf. Es ist nur merkwürdig, dass das Wort zidina im städtischem Schrifttum nie vorkommt. Zum ersten Mal trafen wir es 1864 bereits im Druck bei der Ordnung der Gassennamen, als mit der heutigen Domonkos utca zusammen der Name Zidina környéke vergeben wurde. Wahrscheinlich lebte der Name im Volksmund bereits von Anfang an, schon bevor die Dominikaner die Mauern abgerissen hätten. In welchem Maße das einstige Kloster ruinös war, wissen wir nicht. Es gibt jedoch zu bedenken, dass nach dem Matrikeleintrag ein Opfer der Pestepidemie von 1713 – wie wir schon vorher lesen konnten – „… in der Vorstadt zwischen verlassenen Mauern des Nonnenklosters“ gestorben ist. Es fragt sich, ob nicht damals noch einige gewölbte Räume standen, in denen ein armer Heiduck des Komitats oder andere arme Familien Obhut fanden, und nur dann zu wirklichen Ruinen wurden, als die Dominikaner um 1725 mit dem Abtragen und Abtransportieren der Steine begannen. Nachdem diese Reviere zu umfangreich wurden und ihre Struktur sehr konfus wurde, wollte man 1926 Ordnung schaffen und teilte sie in Gassen auf. Es entstanden Dutzende von Gassen, die mancherorts richtige Labyrinthe bildeten. Genau so verhält es sich mit der Hausnummerierung der Gassen. Auch nach der Aufteilung der „környék“ ist es nicht einfach, eine Hausnummer zu finden.

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In der Menyhért utca gibt es nur zwei Häuser, die Nr. 10 und 12. Das heißt, das einzige Ergebnis war die Erhöhung der Anzahl der Gassen und Gassennamen. Es lohnt sich einige Objekte der Stadt zu erwähnen, die es auch bis zum heutigen Tage gibt, aus denen ein Gassenname wurde, auch dann, wenn einige keine mehr sind. Was deshalb vielleicht umso mehr begründet ist. Solche sind zum Beispiel der Tettye, die Mindenszentek, der Poturluk, der Balokány. Tettye ist der Name eines Geländes über, jedoch in der Nähe der Stadt, auf dem ein sehr ergiebiger Bach entspringt. Der Bach trägt auch jetzt diesen Namen. Sein Wasser fließt auch heute noch in das Wasserleitungssystem der Stadt. An mehreren Stellen kam die Wasserleitung aus der Römerzeit zum Vorschein, die das Wasser in das einstige Sopianae leitete. Man verwendete einen Teil des Wassers im Mittelalter, in der Türkenzeit und auch danach, bis 1892, als die Grundlagen für das heutige städtische Wasserleitungssystem geschaffen wurden. Der andere Teil des Wassers war die wichtigste Energieressource der Stadt. Es wurden Schießpulvermühlen, Papiermühlen, Mahl- und Sägemühlen, die Walken der Tuch- und Deckenmacher damit betrieben. Mit gewerblichem Wasser wurden die Gerber, Pelzgerber und Lohgerber versorgt. Dies hielt so lange an, bis die zunehmende städtische Bevölkerung das gesamte Wasser entnahm und die kleinen Werkstätten wegen der sich entwickelnden Industrie ausgestorben sind. Deshalb bauten die Türken hier eine Schießpulvermühle mit mächtigen Mauern, die das kaiserliche Militär bis zum 11. Juni 1714 weiter benutzte. Bereits Anfang der 1500er Jahre ließ der Fünfkirchner Bischof György Szathmáry eine mehrstöckige Sommerresidenz bauen, deren Ruinen auch noch heute existieren. Diese hat anscheinend auch Mohács gut überstanden, denn nach dem Bericht des Kameralbevollmächtigten Keresztély Vincens vom 20. April 1690 heißt es: „Seinerzeit gehörte sie türkischen Mönchen /anachoretae turcicae/, die in großen Ruinen wohnten und die Hochebene besaßen.“ Bedauerlicherweise hat dieses Gebäude die Befreiung nicht mehr überstanden. Sachkundige behaupten, dass das türkische Wort „tekke“ ungarisch Kloster bedeutet. Dessen in die ungarische Sprache eingelautete Form wäre Tettye. Das heißt, dass Hochplateau und der Bach ihren Namen vom türkischen Derwischkloster bekamen und es gelang – trotz widriger Umstände – den Namen für den Tettye tér und die Tettye utca zu bewahren. Ähnlich bedeutend und uralt ist die Mindenszentek Kirche und der Friedhof. Schon um 1250 stand dort eine Kapelle romanischen Stils, die zu einer dreischiffigen, gotischen Kirche umgebaut wurde. Daneben befand sich der – vielleicht nur einzige – Friedhof der Stadt. Nach den Türken war die Kirche über ein Jahrhundert die Pfarrkirche der Stadt. Auch der Friedhof existierte weiter. Dann wurde von Maria Theresia 1777 die Reihenbestattung angeordnet und zugleich eine Ruhezeit von 30 Jahren für voll belegte Friedhöfe. Nach einer Benutzung von mehreren Jahrhunderten musste die Stadt einen neuen Friedhof eröffnen. Um diese Zeit wurde die Kirche auf dem Széchenyi tér die Pfarrkirche, damit hat der Friedhof und die Kirche ihre historische Rolle verloren, doch hütet sie mit ihrer fast ungebrochenen Anwesenheit die Vergangenheit. Die Kirche, der Friedhof und dessen Umzäunung stehen auch jetzt. Nach einer solchen Vergangenheit haben sie es nicht verdient, den Gassennamen, der mindestens seit der Vertreibung der Türken lebte, zu streichen.

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Während der letzten hundert Jahre gab der Name Poturluk und dessen Schreibung Anlass zu vielen Diskussionen zwischen den Lokalhistorikern und den Sprachwissenschaftlern. In der Tageszeitung Dunántúl vom 3. März 1928 leitet Záray den Namen von dem einstigen Schneidermeister und Stadtrat Mihály Potuluki ab. Doch Dr. Ottó Szőnyi wies in seiner Antwort am 8. den Standpunkt von Záray zurück. Dies deshalb, weil nach einer Notiz in der ungarischen Übersetzung der Arbeit des türkischen Historikers Evlia Cselebi potur ein türkisches Wort, das ungarisch einen zum Mohammedaner gewordenen Bosniaken bedeutet. Das slawische Wort luk bedeutet Winkel. Die Bedeutung von Poturluk lautet daher: Winkel der muselmanischen Bosniaken. Die Poturluk utca, die heutige Majtényi Ferenc utca, bekam deshalb diesen Namen, weil sich dort nach den Türken die zurückgebliebenen poturok [Poturen] ansiedelten. Es lohnt sich gewiss nicht, sich mit dem Standpunkt Zárays zu beschäftigen. Der Standpunkt von Szőnyi scheint wissenschaftlich begründet, doch – aufgrund der aufgefundenen Daten – scheint er in unserem Fall nur dann annehmbar, wenn die Poturen nicht nach den Türken, sondern während der Türkenzeit in diesem Teil gelebt hätten. Dafür gibt es jedoch keinen Beweis, weder pro, noch kontra. In der Vince utca gab es nämlich im 17. Jahrhundert keine Wohngrundstücke. In der heutigen Majtényi Ferenc utca gelang es 1712 – also 26 Jahre nach der Vertreibung der Türken – nur ein Grundstück nachzuweisen. Die Anzahl der bewohnten Grundstücke erhöhte sich 1719 auf sieben. Unter diesen gab es einen Bewohner Namens Busaglia, möglicherweise ist er aufgrund seines Namens ein hier gebliebener Türke. Gleichzeitig hatten dort auch zwei Italiener Häuser. Demzufolge ist der Verbleib der Poturen eine unbegründete Annahme. Die Beschäftigung mit etymologischen Fragen ist nicht die Aufgabe der vorliegenden Studie. Umso mehr, denn laut aufgefundener Unterlagen hatte es einen ganz anderen Grund, weshalb der Name Poturluk hier erschien. Es scheint sogar so, dass wir diesen Namen schon von den Türken ererbt haben. In den zwei Jahrhunderten danach bezeichnete Poturluk, oder irgendeine Variante des Namens, einen von einer Quelle am Hang des Havihegy über eine unterirdische Quelle gespeisten Brunnen, Gemeindebrunnen und die unmittelbare Umgebung. Dort wo die Majtényi Ferenc utca in die Ausbuchtung der Vince utca mündet, in dieser Ausbuchtung, die bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts wesentlich größer war als heute, war das 200 Quadratklafter große Grundstück der Kniffler’schen Sägmühle. Auf der heute schon mit einer Betonwand abgetrennten Ostseite dieser Ausbuchtung war der Brunnen. Diesen Teil nannte man 1744 Poturluk. Später, 1761, steht geschrieben: Locus communiter nominari solitus Poturluk, das heißt: Platz, den man im Allgemeinen Poturluk zu nennen pflegt. Die heutige Menyhért utca, die entlang eines in das Tal führenden Pfades entstand, nannte man „Semita ad Poturluk deserviens“. Unter dem westlichen Ende der ungeradzahligen Grundstücke der Majtényi Ferenc utca gab es einen Pfad, den man „Semita usque Fontem Putoluk deserviens“, das heißt: zum Putoluk Brunnen führender Pfad nannte. Den Brunnen selbst, nannte man sprachunabhängig Putem, Puter, Fons, Putorluk, Poturluk genannter Kanal, Puturluk, Buderpruns, Putterloch, etc.

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Als im Jahre 1774 die Stadt von dort Wasser in die etwa einen halben Kilometer entfernte städtische Bierbrauerei leitete, schrieb sie vor, „… das Wasser von dem so benannten Brünnen Quill gegen herüber bey dem Butter Brünn zu fassen“. Das heißt, das Wasser ist aus der von der Quelle kommenden Leitung in der Nähe des Brunnens zu entnehmen. Noch 1823 musste der „Fontem Poturluk dictum antiquissimum“ repariert werden, d. h. der uralte Brunnen, genannt Poturluk und von der dahin führenden unterirdischen Leitung 8 Klafter. Es konnten über die Wasserqualität dieses von der städtischen Wasserleitung unabhängigen, aus separater Quelle gespeisten Brunnen Erinnerungen bleiben. In der Veröffentlichung von 1887 unter dem Titel „Szabad kir. Pécs város házszámainak sorozata“ [Die Reihenfolge der Hausnummern der Freien königlichen Stadt Pécs] fügt deren Redakteur, Béla Németh, zur Alsó-Puturla-utcza folgendes hinzu: „Puturla stammt angeblich aus deutsch ,Butterloch‘, mit welchem Ausdruck sein Quellwasser geehrt wird, andere sehen darin ein türkisches Wort, das Berghang bedeutet.“ All das beweist, dass der Name Poturluk nicht von den verbliebenen Bosniaken stammt, sondern von den Türken hinterlassen wurde und der Name von einem ergiebigen und guten Wasser spendenden Brunnen auf die einzige daneben liegende Gasse geleitet wurde, die dahin führte, nämlich auf die heutige Majtényi Ferenc utca. Die Deutung des zweiten Namensteils, das Wort luk, das nach Meinung der Experten Winkel bedeutet, müssen wir zur Kenntnis nehmen. Wenn wir jedoch daran denken, dass nach der Historia domus des Pécser Jesuitenkollegiums die Quelle am Fuße des Rókus Hügels – die unter dem Namen Kerlejala, Kerkalló bekannt ist – als „Fontana Edes baba luk dicta effluens de sub monte“, das heißt, die Edes /Idrisz/ baba luk genannte Quelle am Fuße des Hügels, dann muss doch etwas auffallen. Und zwar, dass Edes baba ein luk ist, und Potur auch ein luk ist, und beide Wassergewinnungsstellen sind. Edes baba ist ganz sicher, Potur ist wahrscheinlich ein türkisches Relikt. Ist dies alles nur ein Zufall? Nachdem Poturluk als Gassenname nicht mehr existiert, sollte auch auf die Umstände seines Verlustes eingegangen werden. Die Bewohner der Alsó-Puturla utca baten 1928 um die Änderung des Namens. Um den historischen Namen zu erhalten, soll die Felső-Puturla utca den alten Namen, Potorluk utca, behalten. Die Stadtversammlung hat beschlossen, dass die Alsó-Puturluk utca den Namen Szent Vince utca erhalte. Weil die korrekte Schreibweise des Poturluk Wortes unsicher ist, soll der Rat nach eingehender Untersuchung berichten. Ein derartiger Bericht ist nicht bekannt, und die Gasse hieß auch im Weiteren Felső Poturluk. 1948 ging wieder ein Antrag der Bewohner ein. Ihr Hauptargument war, dass in den reaktionären Zeiten das Deutsche Wissenschaftliche Institut in einem stadtweit verbreiteten Rundschreiben den deutschen Charakter der Stadt damit begründete, dass der uralte Name der Puturluk utca Butterloch war. Die Gassen benennende Fachkommission entschied, dass die Gasse nach Ferenc Majtényi, dem einstigen Baranyaer Vizegespan benannt werde, der im Freiheitskampf große Verdienste erwarb. Die Stadtversammlung nahm diesen Vorschlag an mit der Auflage, dass die Erinnerung an den Namen Poturluk auf einer Tafel verewigt werde, der Name sei jedoch Majtényi Ferenc utca.

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Jetzt gibt es nur noch ein Problem, nämlich, dass der Baranyaer Vizegespan während des Freiheitskampfes Baron József Majthényi hieß. Das Endergebnis lautete also, dass der alte Name Poturluk verschwand, aber wessen Namen die Gasse trägt, wissen wir nicht. Mit ähnlichen Problemen und Lösungstheorien ist auch der Name Balokány belastet. Aus dem oben Dargelegten erfuhren wir, dass sogar drei dorthin führende Gassen abwechselnd den Namen balokánya trugen. Obwohl die Felső balokány utca amtlich 1804 die Namen Balokányi Utza, Balokana Gasse bekam, tauchte der Name über Jahrzehnte mal bei der Alsó balokány utca, mal bei der Zsolnay Vilmos utca auf. Die Bedeutung und Etymologie des Wortes Balokány ist bis heute ungeklärt. Beginnend mit der naiven Deutung, dass dort in der Türkenzeit der hán /Maierhof/ war, bis zur Deutung von Antal Klemm, der darin eine Entlehnung des serbokroatischen balega, baloga, übersetzt: Tierkot, vermutet. Viel überzeugender scheint die Ansicht von György Györffy, dass die von dem türkischen Verbstamm bal gebildeten Wörter Lehm, Schlamm bedeuten. Ähnlich war der Standpunkt von János Sterba, wonach die früheren Slawen den Balaton nur Blatuny d. h. Schlammgebiet genannt haben konnten. Nach Mitteilung von György Sarosácz nennt man in Lotárd auch heute eine tiefe, entlang des Baches gelegene Wiese, die einst auch ein Sumpf gewesen sein könnte. Nach den zum Vorschein gekommenen Daten war der Balokány der Budaer Vorstadt ursprünglich eine mächtige, in südlicher Richtung gelegene, ca. 200 x 150 Meter große Lehmgrube. Diese lieferte den Lehm für die Ziegelei der Stadt und für die Bewohner, wahrscheinlich auch schon während der Türkenzeit. Nach dem Aushub der Wasser abdichtenden Schicht, sprudelten die Quellen aus der Tiefe und auf dem Boden der Grube entstand ein Schlammsee. Da begann die Stadt daneben, auf der Ostseite, eine neue Lehmgrube auszuheben. Dies ist auf der 1780 angefertigten Karte von Duplatre gut sichtbar, und für Unmissverständlichkeit sorgt die Beschriftung „Lamgrube“ in der neuen Grube. Der Name erscheint in der Budaer Vorstadt am 28. Januar 1746 zum ersten Mal. Der Rat überließ damals die „Ballukanyam extra Portam Budensem habitam, et vulgo vocitatam“, d. h. die außerhalb des Budaer Tores liegende, gemeinhin so genannte Ballukanya, dem Kaufmann Márton Gregorics, der sich verpflichtete, die Grube gegen Steuerfreiheit für 8 Jahre auf eigene Kosten zu säubern und in eine Wiese umzuwandeln. Was jedoch in der Folgezeit geschah, wissen wir nicht genau, da wir in den Protokollen der Ratssitzungen keinen entsprechenden Beschluss finden. Aus den Abrechnungen stellt sich jedoch heraus, dass die Stadt vom September 1758 bis zum Februar 1759 für die Errichtung eines Grabens um die Wiesen und für die Ableitung des Wassers in einem Kanal in das heutige Pécsi víz 389 bzw. 467 laufende Klafter Erdarbeit und Grabenaushub durchführen ließ, ebenso noch 40 Klafter Grabensäuberung von der Steinbrücke in Richtung Bassa-Mühle. Das heißt, man hat das Wasser der fünf Quellen in einem durch Erdauffüllung fertiggestellten Becken gestaut und für die Ableitung des überschüssigen Wassers einen Wassergraben angelegt.

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Aus diesen Darstellungen wurde ersichtlich, wann und wie der Balokány entstanden ist. Aber auch, dass er den Namen nicht als „tó“ [See], sondern von der vor diesem dort gewesenen verschlammten Lehmgrube bekommen hat. Wann ungefähr, konnte leider nicht festgestellt werden. Es hat den Anschein, dass diese Grube bereits in der Türkenzeit der Ziegelbrennerei diente. Wenn wir die Geländeformation betrachten, ist sogar anzunehmen, dass ihre Vorgängerin an der Stelle der heutigen Tennisplätze war. Von da an begegnet uns immer häufiger der Name Balokánya, und zwar in der Mehrheit der Fälle mit einem auslautenden -a, auch noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die mit -i auslautende Form erscheint selten und nur in ungarischsprachigen Texten. Manchmal kommen jedoch auch die Varianten Bolikánya, sogar Pellikána vor. Wegen ihrer interessanten und langen Vergangenheit kann auch hier daran gedacht werden, dass auch für die Felső und Alsó balokány utcák die Vergangenheit wartet. Wenn wir noch den Namen des Balokány liget [Park, Hain] modernisieren würden, gäbe es keinerlei Erinnerung mehr an diesen interessanten Abschnitt der Stadtgeschichte. Die Beschriftung auf einer Tafel am Eingang lautet Ífjusági park [Jugendpark], darunter mit kleinen Buchstaben jedoch Balokány liget; es ging also schon los. In der historischen Budaer Vorstadt gibt es 56 Gassen. 15 Gassen tragen den Namen von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens oder der Geschichte. Trotzdem veränderten sich – wie man sieht – fast alle Gassennamen im Laufe der Geschichte. Die eigentliche Ursache dieser Veränderungen ist jedoch nicht zu ergründen. Denn der Harang Utza [Glockengasse] Name wurde 1804 damit begründet, dass in dieser Gasse die Glockengießer Fischer, dann Veinpert wohnten. Nichts rechtfertigte jedoch, dass 1864 dieser Name auf die benachbarte Gasse übertragen wurde, die keinerlei Verbindung zu den Glocken hatte, dass aber aus der Harangöntő utca Láncz utcza [Kettengasse] werde, obwohl dort nie, nicht einmal in der Umgebung, Ketten hergestellt wurden. Man könnte noch weitere derart begründete Änderungen aufzählen. Daher wird durch nichts garantiert, dass die jetztigen Gassennamen weiterleben werden und nicht mit derartigen Begründungen geändert werden. Es ist nämlich unwahrscheinlich, dass ein Pécser seinem aus Bulgarien gekommenen Gast stolz zeigen würde, welch schöne Gasse nach ihrem Nationalhelden Dimitrov benannt wurde. Es ist kein Zufall, dass der II. Teil der Arbeit den Titel „A Pécsi budai külváros utcái“ [Die Gassen der Pécser Budaer Vorstadt] erhielt. Im Allgemeinen gehören nämlich zur Gemeindefläche von Städten auch Plätze. Pécs ist da eine Ausnahme, denn die Stadt scheute die Plätze sowohl in der Vergangenheit wie in der Gegenwart. In der Budaer Vorstadt tragen der Ágoston tér und der Irányi Dániel tér diesen unterscheidenden Namen. Doch der Ágoston tér war wie wir sahen, nie ein tér [Platz], höchstens der Vorplatz der Kirche. Und dieser wurde auch durch einen Bach, Mühlgraben und Fahrweg in Teile gespalten. Dagegen war der Marhatér [Viehplatz] ein mächtiger Platz, später bekam er die Namen Vásártér [Marktplatz], Buzatér [Weizenplatz (Getreidemarkt?)] sodann Irányi Dániel tér. In diesem Jahrhundert entstanden auf dem bebauten Teil die Zipernovszky Károly Fachmittelschule, die Elementarschule und die städtischen Mietshäuser. So war der Platz zum Teil bebaut, andererseits jedoch in zwei Teile getrennt. Sein nördlicher Teil, der noch seinen Namen trägt, wurde eigentlich zu einer breiteren Fahrstraße. Sein südlicher Teil, der heutige 48-as tér, kann noch als Platz gelten, er ist jedoch nur ein Bruchteil des einstigen Platzes. Die Pläne des städtischen Ordnungsamtes lassen keine günstigere Veränderungsmöglichkeit erkennen.

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Demzufolge bleibt der einzige Platz der Stadt der Széchenyi tér. Denn der beparkte Szent István tér erfüllt nicht die Rolle eines Platzes. Dort kann man weder Massen mobilisieren, noch ein eine Perspektive erforderndes Denkmal erstellen. Zudem wäre es eine Todsünde, diesen kleinen grünen Flecken aus der enormen Stein- und Asphaltmasse verschwinden zu lassen, obwohl in der Vergangenheit auch dieser größer war. Am Ende des 18. Jahrhunderts waren seine beiden Seiten bereits bebaut. Nach den Parzellierungsplänen des städtischen Ingenieurs Eisenhut von 1791 beabsichtigte man das ganze zu parzellieren, nur in der Nähe des Szent György kút [Hl. Georgsbrunnen] wäre noch ein kleiner freier Platz verblieben. Zum Glück wurde dieser Plan nicht verwirklicht. Aus alledem muss man die Lehre ziehen. Die Gassennamen haben eine zweifache Bestimmung: die Orientierung und die Identifizierung. Wie wir gesehen haben, entsprachen die von der Bevölkerung vergebenen Namen dieser zweifachen Bestimmung. Sie waren Wegweiser, charakteristisch und in vielen Fällen hatten sie auch eine lokale Würze, ein volkstümliches Bukett. Durch die Benennungen nach Heiligen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens haben die Namen ihre Orientierungsfunktion verloren und sind nur für die Identifizierung geeignet, solange sich ihre Namen nicht erneut ändern. Es gibt oder gab unter unseren Gassennamen auch lokale Besonderheiten, die in anderen Orten gar nicht vorkommen können, weil es nur hier jene historischen Vorereignisse gab, aus denen sie entstanden. Kossuth utca, Petőfi utca gibt es in jedem Dorf, in welchem es mehr als eine Gasse gibt. Doch Tettye utca, Poturluk utca, Zidina-környék, Balokány utca, Felsővámház utca gibt es nur in Pécs, denn nur hier kann es sie geben. Im Hinblick auf die Zukunft scheint es vorteilhafter, lieber die alten Namen zurückzugeben, und wenn es sein muss, die neuen Namen für die reichlich entstehenden neuen Gassen zu reservieren.

József Madas