JÓZSEF MADAS (1905–1988)

Die stadtgeschichtliche Literatur der Stadt Pécs ist im Vergleich zu anderen Städten vergleichbarer Größe und Vergangenheit dürftig; es gibt keine Monografie über die Stadtgeschichte, der Interessent kann sich aus einer Auswahl volkstümlicher, dem Fremdenverkehr zugeschnittener Abhandlungen oder aus Studien über Detailfragen informieren. Die namhaften Gebäude der Stadt sind aus kunstgeschichtlich motivierte Studien bekannt, von der Baugeschichte der Stadt als Ganzes, von ihrem auf Karten ersichtlichen Wachstum, von der Entfaltung des Stadtbildes selbst gibt es keine zusammenfassende Arbeit. Dieses Fehlen einer Geschichte der erbauten Stadt inspirierte den pensionierten Bergwerksingenieur József Madas zu Aktivitäten, als er bei seinem Vorhaben, die Vergangenheit seines Wohnortes kennen zu lernen, auf eine Fülle von unbeantworteten Fragen stoß. József Madas wurde am 27. April 1905 in Arad geboren, nach Abschluss seines hiesigen Oberschulstudiums hat er sich an der Selmecer Akademie [ung. Selmecbánya, dt. Schemnitz, slowak. Banská Štiavnica] immatrikuliert, jedoch schon vorher in Sopron das Diplom eines Bergwerksingenieurs erworben. Von 1931 an arbeitete er als Mineur, dann als stellvertretender Bergwerksdirektor, von 1943 an als Betriebsleiter im Padrager Bergwerk der Egyesült Izzólámpa és Villamossági RT [Vereinigte Glühlampen- und Elektrizitäts AG = Tungsram]. Ab Oktober 1945 war er als Betriebsleiter in den Bergwerken von Gánt und Iszkaszentgyörgy der Magyar-Szovjet Aluminiumművek [Ungarisch-Sowjetische Aluminiumwerke] mit der Beseitigung der Kriegsschäden und dem Anlaufen der Produktion befasst war. Ab 1947 hat er als Leiter der Betriebsorganisations- und Planungsabteilung des Pécser Kohlebergwerks für die Sicherung einer gleichbleibenden Quantität und Qualität der Koksproduktion Konzepte erarbeitet und Anordnungen getroffen. Von 1963 an war er beim Komlói és Pécs Szén tröszt [Komlóer und Pécser Kohle Trust] der Leiter der Abteilung für Kohleanreicherung und -verwertung bis zu seiner Pensionierung 1965. Danach hat er seine Zeit mit unermüdlichem Fleiß und tiefgründiger Gewissenhaftigkeit bis zum Tag seines Todes, dem 25. Februar 1988, der Erforschung der Geschichte der Stadt gewidmet. Seine Forschungsmethode und Ethik kann für jeden anspruchsvollen Ortsgeschichtsforscher beispielgebend sein – nach Erwerb der in den Bibliotheken auffindbaren Kenntnisse begann er mit dem Recherchieren in den Archiven mit dem Ziel, die Geschichte der neuzeitlichen Bebauung der Stadt kennen zu lernen. Dazu hat er die einzig richtige zum Ziel führende Methode gewählt, indem er das Schrifttum des Stadtrats ab dem Jahr 1707 fadenweise studierte und die so erhaltenen Informationen mit Daten von Konskriptionen und Grundbüchern ergänzte. Elf Jahre hat er mit dieser Tätigkeit verbracht – vormittags hat er die Daten in den Archiven gesammelt, nachmittags und in den Sommermonaten hat er sie geordnet. Er hat ein beispielloses Werk zustande gebracht: 44 Gassen der Innenstadt, eine mehr als 700 Grundstücke beschreibende Datensammlung, die seit ihrer Erscheinung von Kunst- und Lokalhistorikern sowie aktiven Architekten mit Gewinn verwendet wird. Dieses und das als dessen organische Fortsetzung erstellte Werk von mehr als doppeltem Umgang über die Budaer Vorstadt und die dazu gehörenden Kartenrekonstruktionen konnte nur von ihm geschaffen werden, der die Sichtweise und Präzision eines Ingenieurs und das Interesse für die Geschichte und die für die Archivforschung Er wurde im Laufe seiner Sammlungsaktivitäten das lebendige Lexikon der vergangenen drei Jahrhunderte, jedoch nur ein Bruchteil seines Wissens und seiner gesammelten Daten wurden zum Gemeingut in gedruckter Form. Er war für Forscher immer ansprechbar, gleich welche Fragen über die Geschichte der Stadt an ihn gestellt wurden, er war eine entgegenkommende und zuverlässige Informationsquelle, immer hilfsbereit für Auskünfte, Quellenhinweise. Mit Aufmerksamkeit begleitete er die erscheinende Fachliteratur, die laufenden archäologischen Ausgrabungen in der Stadt, die begonnene und geplante Bautätigkeit – und wenn er es für notwendig hielt, schaltete er sich unaufgefordert ein, half, brachte seinen Rat und seine Ideen ein, zu den entstandenen Problemen machte er die sich um Lösungen Bemühenden mit Hinweisen auf kaum bekannte Schriften und archivalisches Material aufmerksam. Die Stadt hat ihn in Anerkennung seiner erfolgreichen Tätigkeit mit der Plakette „Pro Urbe Pécs“ ausgezeichnet.


Mária Anna Móró